Der menschliche Kieferknochen

Ein Kieferknochen besteht aus Ober- und Unterkieferknochen

Kieferknochen des MenschenDer Kieferknochen trägt beim Menschen - wie bei allen Säugetieren - die Zähne im Ober- und Unterkiefer und ist daher aus zahnmedizinischer Sicht von großer Bedeutung. Neben Kieferfehlstellungen sind auch Entzündungen, Zysten oder die Rückbildung des Knochens in der zahnärztlichen Praxis ein häufiges Problem. Erfahren Sie hier, welche medizinischen Beschwerden und Krankheitsbilder mit ihm in Verbindung stehen und wie diese behandelt werden.

Knochenaufbau des menschlichen Kieferknochens

Der Kieferknochen ist ein knöcherner Schädelteil und besteht aus Oberkiefer und Unterkiefer, zwei funktional unabhängigen Teilen. Er trägt die Zähne, die in den Zahnfächern (Alveolen) mithilfe einer Einkeilung (Gomphosis) verankert sind. Während der Oberkiefer bei Säugetieren unbeweglich ist, ist der Unterkiefer über das Kiefergelenk beweglich am Schläfenbein befestigt und ermöglicht uns mittels Dreh-Gleit-Bewegungen das Kauen und Sprechen. Das Kiefergelenk bildet zusammen mit der Kaumuskulatur eine funktionelle Einheit.

Die Bedeutung des Kieferknochens in der Zahnmedizin und Kieferchirurgie

Sein Zustand steht mit der Zahngesundheit in einem engen, wechselseitigen Zusammenhang. So können etwa Fehlstellungen der Zähne oder ein mangelhaft angepasster Zahnersatz zu Schmerzen im Kiefergelenk führen. Nimmt andererseits durch Zahnverlust die natürliche Belastung des Knochens ab, führt dies zu einem Verlust von Knochensubstanz (Inaktivitätsatrophie) - das heißt, er bildet sich durch Knochenschwund zurück.Parodontoseerkrankung

Auch eine chronische Parodontitis, eine Entzündung von Zahnfleisch und Kieferknochen, kann einen Verlust von Knochensubstanz des Knochens im Ober- und Unterkiefer zur Folge haben. Nach einer Parodontitis stehen gerade ältere Patienten häufig vor dem Problem, dass Zahnimplantate durch einen Knochendefekt nur unzureichend im Knochen verankert werden können.

In Fällen einer Parodontitis ist eine Implantation von Knochenersatzmaterial möglich, bei stärkerem Knochenabbau(Knochenschwund) auch eine Verpflanzung körpereigener Knochen aus dem Kinn oder dem Kieferwinkel.

Kieferrelation und Kieferfehlstellungen

Die Lage des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer wird als Kieferrelation bezeichnet. Stehen die beiden Kieferhälften nicht optimal zueinander, so spricht man von einer Kieferfehlstellung - davon zu unterscheiden sind reine Zahnfehlstellungen, die nur die Einkeilung der Zähne in den Zahnfächern betreffen, aber nicht die Kieferknochen. Grob lassen sich nach der sogenannten Angle-Klassifikation verschiedene Stellungen des Kiefers unterscheiden.

Angle-Klassifikation

  • Klasse 1: Neutralbiss - Oberkiefer und Unterkiefer stehen in einem optimalen Verhältnis
  • Klasse 2: Distalbiss oder "Überbiss" - Verschiebung des Unterkiefers nach hinten
  • Klasse 3: Mesialbiss oder Progenie - der Unterkiefer steht zu weit hervor

Die Möglichkeiten, Anomalien zu korrigieren, sind vom Alter des Patienten abhängig. Manche Fehlstellungen, wie etwa die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, müssen bereits in den ersten Lebenstagen eines Säuglings korrigiert werden, weil es später zu irreversiblen oder nur schwer behebbaren Verwachsungen kommt.

Wann sollten Fehlstellungen des Kieferknochens im Rahmen einer Zahnbehandlung korrigiert werden?

Während des Milchzahndurchbruchs durch das Weichgewebe und nach der vollständigen Ausprägung des Milchgebisses sollte der Zahnarzt das Gebiss laufend auf mögliche Lücken korrigieren, da ein verlorener Zahn unter Umständen durch einen Lückenhalter (Zahnersatz) zu ersetzen ist. Aber auch zur Zeit des Wechselgebisses (ca. 6. bis 12. Lebensjahr) und nachdem alle bleibenden Zähne durchgebrochen sind, sollten regelmäßige kieferorthopädische Untersuchungen bei jeder Zahnbehandlung stattfinden.Milchgebiss

Korrektur der Kieferrelation während des Wachstums

Solange das Wachstum des Patienten bislang nicht abgeschlossen ist, ist eine Korrektur der Kieferrelation über die Beeinflussung des Knochenwachstums möglich. Fehlstellungen können bei Erwachsenen korrigiert werden, doch werden diese Behandlungen von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.

Häufige Probleme am Kieferknochen: Entzündungen und Kieferzysten

Abgesehen von Kieferfehlstellungen sind auch andere Beschwerdebilder, wie etwa durch Bakterien verursachte Entzündungen des Kieferknochens, ein häufiges Problem in der zahnärztlichen Praxis. Aus einer akuten Zahnfleischentzündung (Gingivitis) kann sich unbehandelt eine sogenannte Parodontose, eine Entzündung von Zahnfleisch und Kieferknochen, entwickeln. Wird die Parodontitis im Weichgewebe nicht behandelt, bildet sich der Kieferknochen zurück und es gehen gesunde Zähne verloren. Erst ein Knochenaufbau mit künstlichem Knochenersatzmaterial ermöglicht dann wieder einen festen Halt, nachdem ein Implantat gesetzt worden ist.

ZysteSchmerzen durch Entzündungen im KieferIst auch das Knochenmark oder die Knochenhaut mit betroffen, dann spricht man von einer Osteomyelitis. Solche Entzündungen äußern sich in starken Schmerzen und Fieber. Die Behandlung erfolgt in erster Linie mit Antibiotika, in manchen Fällen ist auch eine Operation unumgänglich, bei der der Entzündungsherd ausgeräumt wird. Eine Parodontitis dagegen kann im Anfangsstadium schmerzfrei verlaufen und wird daher oft übersehen - optimale Mundhygiene, regelmäßige Kontrolluntersuchungen sowie eine professionelle Zahnreinigung durch den Zahnarzt sind daher umso wichtiger.

Ein häufiges Problem neben Kieferknochenentzündungen sind auch Kieferzysten. Darunter versteht man flüssigkeitsgefüllte Hohlräume im Unter- oder Oberkiefer, die durch Entwicklungsstörungen, abgestorbene Zähne oder auch durch Tumoren entstehen können. Die Zysten verursachen im Anfangsstadium kaum Beschwerden, später können sich aber Schmerzen einstellen, vor allem wenn noch eine Entzündung hinzukommt. Behandelt werden sie durch eine Zystektomie (Ausschälung) oder durch eine Zystostomie - dabei schneidet der Zahnarzt die Zyste ein, damit der Inhalt ausfließen kann.

Kieferorthopädische Indikationsgruppen: Was zahlt die Krankenkasse?

Für gesetzlich versicherte Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren legt das kieferorthopädische Indikationsgruppen-System (KIG) bei Zahn- und Kieferfehlstellungen den Behandlungsbedarf und die Kostenübernahme durch die Krankenkasse fest.Was bezahlt die Krankenkasse?

Es umfasst 5 Schweregrade:

  • Grad 1: leichte Fehlstellungen
  • Grad 2: geringe Fehlstellungen
  • Grad 3: ausgeprägte Fehlstellungen
  • Grad 4: stark ausgeprägte Fehlstellungen
  • Grad 5: extrem stark ausgeprägte Fehlstellungen

Die Kosten werden von den Krankenkassen nur bei den Schweregraden 3 bis 5 übernommen, bei Grad 1 und 2 muss die Behandlung selbst bezahlt werden. Für die Einstufung ist nicht nur die Art der Fehlstellung, sondern auch der Ausprägungsgrad entscheidend. Bei mehreren Anomalien zählt diejenige mit der stärksten Ausprägung.

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Letzte Aktualisierung dieser Seite am 06.03.2024 von Autor und Zahnarzt für Oralchirurgie Dr. med. dent. Frank Seidel.

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